Die Aktivierung von T-Lymphozyten ist ein essentieller Prozeß für die Regulation der
adaptiven Immunantwort. Hierbei werden in Folge einer Antigen-Exposition über
verschiedene Oberflächenrezeptoren intrazelluläre Signaltransduktionsprozesse initiiert,
welche in einer klonalen Expansion von T-Lymphozyten sowie deren Differenzierung zu
Effektor- oder Gedächtniszellen resultieren. Die Spezifität dieser Prozesse wird durch die
Wechselwirkung zwischen dem jeweiligen T-Zell-Antigenrezeptor (TCR) und einem
Antigen-beladenen MHC-Molekül vermittelt, einer Interaktion, die allerdings nicht
hinreichend für eine vollständige und dauerhafte Aktivierung der T-Zelle ist. Hierzu ist die
Aktivierung sogenannter akzessorischer Oberflächenrezeptoren nötig, welche sowohl zur
Verstärkung der Zell-Zell-Adhäsion als auch zur Induktion intrazellulärer Signalwege
beitragen. Ein costimulatorisches Signal für naive T-Lymphozyten vermittelt zum Beispiel
das CD28-Molekül, wodurch der Übergang dieser Zellen in einen anergischen Zustand
verhindert und Zellproliferation ermöglicht wird. Zur Verstärkung der Zell-Zell-Interaktion
tragen demgegenüber vor allem Adhäsionsmoleküle wie Selektine, Cadherine und Integrine
bei. Der einzige Vertreter der β2-Integrinfamilie auf Lymphozyten, LFA-1, stand im Zentrum
der im Folgenden beschriebenen Analysen.
Es gab bereits Anhaltspunkte dafür, daß LFA-1 neben seiner Adhäsionsfunktion auch in
Signaltransduktionsprozesse involviert ist. Allerdings sind die molekularen Mechanismen der
LFA-1-vermittelten Signalwege bislang unvollständig charakterisiert. Dies liegt vor allem
darin begründet, daß eine hochaffine Ligandenbindung erst nach einer Konformationsänderung
des Integrins erfolgen kann. Eine solche Aktivierung des Integrins wird beispielsweise
durch Stimulation der T-Lymphozyten über den T-Zell-Antigenrezeptor induziert,
wodurch sich jedoch LFA-1-abhängige Signale mit denen des TCRs überlagern.
Daher wurde im Verlauf der hier vorliegenden Arbeit ein auf Fusionsproteinen
basierendes experimentelles System etabliert, welches eine aktivierungsunabhängige Untersuchung
der LFA-1-vermittelten Signaltransduktion ermöglicht. Hierdurch wurde gezeigt, daß
in humanen T-Lymphozyten die Aggregation der zytoplasmatischen Domäne der
Integrin β2-Kette (CD18-Untereinheit) zur Erhöhung der intrazellulären Calciumkonzentration,
zur IL-2-Promotoraktivierung sowie zum Anstiegs des Phosphotyrosingehalts
zellulärer Proteine führte. Die Modulation dieser charakteristischen T-Zell-
Aktivierungsparameter wird durch die zytoplasmatische Domäne der β2-Untereinheit von LFA-1 induziert, nicht aber durch die intrazellulären Anteile der Integrin αL- bzw. β1-Kette.
Weiterhin konnte demonstriert werden, daß ein für die β2-Untereinheit spezifisches NPXFSequenzmotiv
für deren Signalfunktion erforderlich ist. Dieselbe Region ist ebenso für die
Signaltransduktion des nativen LFA-1-Gesamtmoleküls von elementarer Bedeutung. Überdies
zeigten Untersuchungen in TCR-defizienten T-Zellen, daß die Oberflächenexpression des
T-Zell-Rezeptors für den LFA-1-induzierten Signalweg essentiell ist. Demgegenüber erfolgte
die intrazelluläre Calciummobilisierung durch das CD28-Molekül auch unabhängig von einer
Expression des TCRs.
Insgesamt konnte durch die vorliegenden Analysen die wesentliche Bedeutung des
zytoplasmatischen Anteils der β2-Untereinheit des LFA-1-Integrins für den Prozeß der
T-Zell-Aktivierung dokumentiert werden. Darüberhinaus wurde eine bisher unbekannte
funktionelle Kooperativität zwischen LFA-1 und Komponenten des T-Zell-Antigenrezeptors
aufgezeigt.