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Description

Die LQYLWUR Selektion ermöglicht es aus kombinatorischen Nukleinsäurebibliotheken
Oligonukleotidsequenzen zu identifizieren, die verschiedenste Zielmoleküle mit hoher
Affinität und Spezifität binden können. Dadurch haben sich Aptamere zu einer
potenten Alternative zu den in der Diagnose, Therapie und als Forschungsreagentien
etablierten Antikörper entwickelt.
Mit Hilfe der SELEX-Technologie (6ystematic (volution of /igands by (;ponential
Enrichment) ist es in dieser Arbeit gelungen, 2' amino-stabilisierte RNA-Aptamere
gegen das Neuropeptid Y und ein ausgewähltes, funktionell relevantes
Prionproteinepitop zu generieren. Die Anreicherung funktioneller Sequenzen erfolgte
durch einen affinitätschromatographischen Prozess. Zudem sollten bereits
vorliegende RNA-Aptamere, die gegen das rekombinante Prionprotein in früheren
Arbeiten selektiert wurden, charakterisiert werden.
Das Neuropeptid Y (NPY), bestehend aus 36 Aminosäuren, gehört zur Familie der
pankreatischen Polypeptide und ist bei der Steuerung einer Vielzahl physiologischer
und pathophysiologischer Prozesse von Bedeutung. Es wird angenommen, daß
durch selektive Bindung unterschiedlicher NPY-Konformationen an die einzelnen GProtein
gekoppelten NPY-Rezeptorsubtypen (Y1, Y2, Y3, Y4, Y5 und Y6)
unterschiedliche Signale vermittelt werden können. Dieses differentielle
Bindungsverhalten von NPY an seine Rezeptorsubtypen ist bisher unvollständig
verstanden.
Die in dieser Arbeit generierten Anti-NPY-Aptamere binden ihr Zielmolekül -NPY- mit
einer Affinität von 370 nM und sind durch eine hohe Spezifität innerhalb der
pankreatischen Polypeptidfamilie charakterisiert. Die Bindungsregion des Aptamers
an den C-Terminus des Neuropeptid Y wurde durch Kartierungs-Experimente mit
NPY-Analoga LQ YLWUR bestimmt. Die NPY-Analoga stellen sowohl verschiedene
Untereinheiten von NPY, als auch Modifikationen des Peptides, die zu
Rezeptorsubtypspezifitäten führen, dar. Durch Punktmutationen im C-terminalem
NPY-Bereich konnte u.a. gezeigt werden, daß die Aminosäure Arginin an Position 33 für die Komplexbildung von NPY und Aptamer essentiell ist. In den Bindungsstudien
in Gegenwart selektiver Agonisten zeigte sich, daß die Bindungseigenschaften von
NPY am Y2 Rezeptor weitgehend mit denen an das Aptamer übereinstimmen. Die
Kompetition des Aptamers mit den Rezeptoren um 3H-NPY wurde an Zellen, die die
Rezeptoren NPY-Y1, NPY-Y2, bzw. NPY-Y5 exprimieren, untersucht. Das Aptamer
verdrängte NPY mit besonders hoher Affinität am Y2 Rezeptor im Vergleich zur
Verdrängung am Y1- bzw. Y5-Rezeptor.
Die Anti-NPY-Aptamere weisen ein Bindungsverhalten am NPY vergleichbar zum
Y2-Rezeptor auf und stellen damit ein wertvolles Werkzeug zur selektiven
Charakterisierung der Interaktion zwischen NPY und seinen Rezeptoren dar.
Von entscheidender Bedeutung für die Pathogenese der übertragbaren
spongiformen Enzephalopathien ist die infektiöse Form des Prionproteins (PrPSc). Es
wird angenommen, daß PrPC durch einen posttranslationalen Prozeß in PrPSc
konvertiert werden kann. Trotz identischer Primärstruktur unterscheiden sich die
beiden Prionproteinisoformen (PrPC und PrPSc) grundlegend in ihren biochemischen
und biophysikalischen Eigenschaften.
Die in früheren Arbeiten selektierten Prionprotein-Aptamere sollten im Hinblick auf ihr
diagnostisches Potential charakterisiert werden. Erste strukturelle Untersuchungen
führten zu der Annahme, daß die RNA-Aptamere ein G-Quartett als stabilisierendes
Sekundärstrukturmotiv ausbilden können. Sowohl Kartierungsstudien mit
unterschiedlichen Prionproteinpetiden als auch Bindungsstudien mit N-terminal
trunkiertem PrPSc zeigten, daß der N-Terminus für die Bindung der Aptamere
essentiell ist. In Gelshiftexperimenten mit verschiedenen Hirnhomogenaten konnte
die spezifische Bindung der Aptamere an authentisches PrP gezeigt werden.
Aufgrund der fehlenden PrPSc-Isoformspezifität der untersuchten Aptamere ist eine
diagnostische Anwendung kaum denkbar. Die Bindung der Aptamere in der pKsensitiven,
N-terminalen Prionproteindomäne läßt eine Anwendung in Kombination
mit Proteinase K-Verdau in Analogie zu den derzeit benutzten BSE-Testverfahren
nicht zu.
Im letzten Teil der Arbeit sollten RNA-Aptamere gegen einen für die Konversion
wichtigen Bereich des Prionproteins (AS 90-129) generiert werden. Es konnte
gezeigt werden, daß die in einer vorgeschalteten Prionpeptidselektion (AS 90-129)
identifizierten Aptamere in der Lage sind, ihr Zielmolekül im Gesamtkontext des
Prionproteins zu erkennen. In funktionellen Studien in persistent Prion-infizierten
Neuroblastomzellen wurde eine statistisch signifikante und spezifische Reduktion der
Akkumulation von GHQRYR synthetisiertem PrPSc zu hochmolekularen Aggregaten in
Gegenwart einer ausgewählten Aptamersequenz beobachtet. Im Verlauf der
Pathogenese von spongiformen Enzephalopathien korreliert die PrPSc-
Aggregatbildung mit Infektiosität und Neurodegeneration. Damit bieten die
selektierten Aptamere möglicherweise eine Ausgangsbasis um Therapeutika zu
entwickeln, die den Verlauf der Prionerkrankungen beeinflussen.