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Ein weiteres Beispiel für ethische Dilemmata in der Migrationspolitik



Migrationspolitik polarisiert. Politische Parteien beziehen konträre  Positionen. Regierungen und zivilgesellschaftliche AktivistInnen  sprechen kaum noch dieselbe Sprache, wenn es um Ziele und Werte in der  Migrationspolitik geht. Entgegen diesem gesellschaftlichen Trend  behauptet das Projekt „Ethische Dilemmata der Migrationspolitik“, dass  es in diesem Feld auch echte Wert- und Zielkonflikte gibt, denen sich  politische Akteure stellen müssen. Das von Martin Ruhs, Julia Mourao  Permoser, Lukas Schmid und Rainer Bauböck koordinierte „Dilemmata Projekt“ hat vor kurzem in einem Sonderband der Zeitschrift Migration Studies fünf Dilemmata vorgestellt und ihre allgemeinen Dynamiken in einem Einleitungsaufsatz analysiert. Im Bruno Kreisky Forum soll dieser innovative Ansatz für  migrationspolitische Debatten an zwei Abenden vorgestellt werden. Beim  ersten Gespräch am 30. Jänner geht es um die allgemeine Frage, wie  migrationspolitische Dilemmata bearbeitet werden können und um Dilemmata  von NGOs in der Seenotrettung.

Am 13. Februar steht das sogenannte Gastarbeits-Dilemma im Mittelpunkt.  Programme für legale zeitlich befristete Arbeitsmigration bedeuten für  Migrant*innen beschränkte soziale und Aufenthaltsrechte, andererseits  eröffnen sie ihnen die Chance, ihre Situation zu verbessern und tragen  durch Rücküberweisungen und Qualifizierungseffekte mehr zur Entwicklung  der Herkunftsländer bei als offiizelle Entwicklungsprogramme. Ruhs und  Bauböck analysieren diesen Widerspruch als ein Dilemma zwischen den  Anforderungen sozialer Gerechtigkeit im Aufnahmeland und auf globaler  Ebene. Sie behaupten, dass das Dilemma nicht vollständig aufgelöst  werden kann, dass Abkommen zur temporären Arbeitsmigration aber  grundsätzlich gerechtfertigt sind, wenn sie tatsächlich allen  Beteiligten (den Aufnahmestaaten, den Herkunftsstaaten und den  Migrant*innen) Vorteile bringen. Um dies zu gewährleisten, müssen  Grundrechte von Migrant*innen geschützt werden und ihre Interessen sowie  jene der Herkunftsländer in der Aushandlung und Implementierung von  Abkommen zur temporären Arbeitsmigration in fairer Weise repräsentiert  werden.

Rainer Bauböck, Soziologe, Politologe und  Migrationsforscher, Professor am Europäischen Hochschulinstitut in  Florenz und Obmann der Kommission für Migrations- und  Integrationsforschung der österreichischen Akademie der Wissenschaften

Martin Ruhs, Professor für Migrationsstudien und  stellvertretender Direktor des Migration Policy Centre (MPC) am  Europäischen Hochschulinstitut (EUI) in Florenz

Moderation: Juliane Nagiller, Redakteurin, ORF/Radio Ö1, Redaktion „Wissenschaft, Bildung, Gesellschaft“

In Zusammenarbeit mit dem Europäischen Hochschulinstitut (EUI) in Florenz