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Description

So, wie ich mir jeden Morgen die Zähne putze oder mich unter die Dusche stelle, betreibe ich auch meine tägliche Psychohygiene.
Ich habe festgestellt, dass nicht nur mein Körper ein wertvolles Geschenk ist, den es zu pflegen gilt, sondern auch mein Geist. Körper und Geist hängen unmittelbar zusammen - beides beeinflusst sich gegenseitig. Der Mensch an sich tut viel, damit er fit bleibt, gut aussieht, gepflegt ist. Wir Menschen gehen also ins Fitnessstudio, besuchen Sportkurse, gehen laufen, schwimmen und noch viel mehr. Es gibt Tausende von Produkten, mit welchen wir unsere Haut reinigen können und noch mal mindestens weitere tausend Produkte für trockene Haut, fettige Haut, gegen Pickel, gegen Cellulite, gegen Falten, gegen Altersflecken, gegen Hautschuppen und und und. Es gibt mindestens eine Millionen Arten von Duschbädern, Kosmetikartikeln, Lippenstiften und Makeup-Produkten. Wenn ich in eine Drogerie gehe und mir anschauen, wie vielfältig dieses Angebot an Möglichkeiten ist, mein Aussehen bzw. meinen Geruch zu optimieren, bin ich leicht überfordert. Dann wären da noch die Kleidungsindustrie. Mindestens hunderttausend Labels und Milliarden von Produkten. Versteht mich nicht falsch, ich begrüße diese Vielfältigkeit und bin selbst süchtig nach Lippenstiften, Rücksäcken, Brillen und Röcken, aber was mich dabei wundert ist: Wieso gibt es, im Verhältnis zu dieser Vielzahl an Möglichkeiten sein Äußeres zu Optimieren, kaum (erschwingliche) Angebote der Psychohygiene und wieso schenkt ihr kaum jemand Beachtung?
Ich habe das Gefühl, dass es in unseren Zeiten wichtiger ist, gut auszusehen, als sich wirklich gut zu fühlen, bzw. liegt dahinter ja der große Trugschluss unserer Zeit, der uns von der Werbeindustrie vorgegaukelt wird: dass ein gutes Aussehen zu einem guten Gefühl führt. "Kauf dieses oder jenes Produkt und fühl dich wie ein Champion / wie eine Siegerin". Leider stimmt das nicht so ganz - oder besser gesagt: es stimmt vielleicht ein kleines bisschen. Kaufen macht bekanntlich glücklich und dieses Gefühl, das wir durch den Erwerb eines bestimmten Produktes bekommen ist einfach nicht so nachhaltig, wie wir es uns vorab ausgemalt haben. Also es kann mir keiner erzählen, dass der Kauf einer Tagescreme ihn oder sie wirklich nachhaltig glücklich gemacht hat. Zusätzlich ist es ja im Allgemeinen auch so, dass uns Menschen der reine Konsum nur eine kurzfristige Befriedigung verschafft, die schließlich schnell abflaut und immer wieder aufs Neue befüllt werden muss, damit der Glücks-Effekt nie verpufft. Wenn unser Belohnungszentrum kurzfristig getriggert wird, gibt uns das einen kleinen Boost, der leider nur viel zu kurz anhält.
Ein großer Glaubenssatz unserer Gesellschaft ist, dass das, was wir nicht sehen können, nicht existiert. Das betrifft insbesondere unsere mentale Gesundheit, psychische Krankheiten, Depressionen, Burnouts... und auch Gefühle von Ohnmacht oder Hilflosigkeit. Das, was wir nicht sehen können, ist quasi nicht existent. Unsere Gedanken: kaum wichtig, unsere Gefühle: irrelevant. Dabei sind doch all die Ergebnisse in unserem Leben von dieser einen wichtigen Einheit - dem Gedanken - abhängig. Der Gedanke ist der Urschleim aller Dinge, die sich just in diesem Moment in unserem Leben manifestieren, damit meine ich wirklich alles: unsere Partnerschaft, unser Job, unsere Freunde, die Umstände in unserem Leben, jedes kleinen Teil, das ein Bestandteil unseres Lebens darstellt. Es sind die Gefühle, mit denen wir morgens aufstehen, die Farbe unseres Bettlakens, die Marke des Parfums, das wir auftragen, das Essen, das wir konsumieren, die Menschen, die wir unsere Freunde nennen, alles! Kurz gesagt: bist du unzufrieden mit einem kleinen oder auch mehreren großen Teilen in deinem Leben, so hat das irgendwann mal mit simplen Gedanken angefangen, die vielleicht zu Glaubenssätzen geworden sind.