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Description

Die beiden Freunde Ruth und Viktor versuchen in der ostdeutschen  Provinz der Spirale aus Gewalt und Missbrauch zu entkommen. Ulrike  Almut Sandig zeichnet mit ihrem Roman "Monster wie wir" ein düsteres  Bild über das Aufwachsen zweier Jugendlicher zur Zeit der DDR. In einem  intermedialen Hörstück aus Musik, Geräuschen, Lesung und Gespräch mit  Kritikerin Miriam Zeh beleuchtet sie die Facetten ihres Romans.

Eine sächsische Kleinstadt, das Ende der DDR  liegt schon in der Luft. Doch die Erinnerungen von Ruth an ihre Kindheit  und Jugend in diesem von Braunkohle beherrschten Gebiet sind alles  andere als rosig. Vordergründig verbringen sie und ihr Freund Viktor  eine schöne Zeit: Endlose Sommer, Eis und Erkundungstouren reihen sich  aneinander. Hinter den Mauern und Spitzenvorhängen herrscht jedoch die  alltägliche Gewalt. Verbale, körperliche und seelische Misshandlungen  sind der Normalzustand, beinahe täglich schallen durch die Nachbarschaft  Schreie und Streit. Beide Kinder werden sexuell missbraucht, in den  Familien jedoch wird geschwiegen. Dies lastet schwer auf Ruth und  Viktors Erinnerungen und wirft lange Schatten bis in die Gegenwart  hinein. Sie flüchtet sich in die Musik, übt wie besessen auf der Geige  und ist heute gefeierte Konzertmusikerin. Er legt sich eine Schutzhülle  aus Muskeln, Springerstiefeln und Glatze zu. Beide tragen sie die  erlittene Gewalt auch heute noch in sich und versuchen, ihr Leben als  Erwachsene nicht davon beeinflussen zu lassen.

Mal wird eine Autotür zugeschlagen, dann klingelt ein Telefon.  Alltägliche Geräusche und Klänge sind authentische Bausteine dieser  Podcast-Lesung von Ulrike Almut Sandig. Immer wieder streut die Autorin  und Klangkünstlerin passende Lieder und Gesprächsschnipsel ein und macht  die Podcast-Lesung so zu einem ganz besonderen Hörerlebnis. Im Gespräch  mit Miriam Zeh reflektiert Ulrike Almut Sandig über sich verändernde  Werte in einem sozialistischen System, alltägliche Gewaltspiralen sowie  das Schreiben über vergangene Gesellschaften.

Ulrike Almut Sandig liest drei längere Passagen aus "Monster wie  wir", in denen Ruth und Viktor als Kinder sowie als Erwachsene zu Wort  kommen. Dadurch werden besonders die erlebte Gewalt und die  schmerzhaften Nachwirkungen bis in die Gegenwart hinein deutlich.

Eigentlich hätte die Lesung mit Ulrike Almut Sandig am 4. März in der  Mauritius-Mediathek Wiesbaden stattfinden sollen. Der Auszug wurde mit  freundlicher Genehmigung des Schöffling Verlags freigegeben. Die Musik  entstammt Ulrike Almut Sandigs deutsch-ukrainischer Band "Landschaft"  mit Grigory Semenchuk. Die gleichnamige CD ist im Schöffling Verlag  erschienen.

Über Ulrike Almut Sandig

Ulrike Almut Sandig, geboren 1979, ist  Schriftstellerin und Lyrikerin. Nach dem Studium am Deutschen  Literaturinstitut Leipzig veröffentlichte sie ihren ersten Gedichtband  "Zunder" im Jahr 2005. Darauf folgten zahlreiche Lyrikbände, Hörspiele  und Erzählsammlungen. Für ihr Werk wurde sie vielfach ausgezeichnet,  unter anderem erhält sie 2021 den Erich-Loest-Preis für ihr bisheriges  lyrisches Werk sowie für ihren Debütroman "Monster wie wir".

Über Miriam Zeh

Miriam Zeh ist Literaturwissenschaftlerin und freie  Kritikerin. Im Deutschlandfunk moderiert sie regelmäßig die  Literatursendung "Büchermarkt" und ist seit 2020 das Gesicht des  multimedialen Literatur-Projekts "Books UP!" vom Literaturhaus Bonn.  2021 ist sie für ihre Arbeit für den Börsenblatt Young Excellence Award  nominiert.