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Description

In der ersten Folge wird der Podcast vorgestellt. Der erste Gedichttext stammt von Bert Brecht - den Marcel Reich-Ranicki als den bedeutendsten deutschen Lyriker des 20. Jahrhunderts gerühmt hat. Ob das wirklich der Fall ist, soll hier nicht geklärt werden, dies ist kein Kritikerpodcast! Unzweifelhaft hat Brecht aber einige der schönsten und einige der politischsten Texte in deutscher Sprache verfasst.  

Von der Freundlichkeit der Welt

 

Auf die Erde voller kaltem Wind

Kamt ihr alle als ein nacktes Kind.

Frierend lagt ihr ohne alle Hab

Als ein Weib euch eine Windel gab.        

Keiner schrie euch, ihr wart nicht begehrt

Und man holte euch nicht im Gefährt.

Hier auf Erden wart ihr unbekannt

Als ein Mann euch einst nahm an der Hand.        

Von der Erde voller kaltem Wind

Geht ihr all bedeckt mit Schorf und Grind.

Fast ein jeder hat die Welt geliebt,

Wenn man ihm zwei Hände Erde gibt.

Gegenlied zu Von der Freundlichkeit der Welt

Soll das heißen, daß wir uns bescheiden

Und „so ist es und so bleibt es“ sagen sollen?

Und die Becher sehend, lieber Dürste leiden

Nach den leeren greifen sollen, nicht den vollen?

Soll das heißen, daß wir draußen bleiben

Ungeladen in der Kälte sitzen müssen

Weil da große Herrn geruhn, uns vorzuschreiben

Was da zukommt uns an Leiden und Genüssen?

Besser scheint ’s uns doch, aufzubegehren

Und auf keine kleinste Freude zu verzichten

Und die Leidenstifter kräftig abzuwehren

Und die Welt uns endlich häuslich einzurichten!