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In dieser Folge geht es um ein emanzipatorisches Gedicht aus der Barock-Zeit. Über die Autorin gibt es fast keine Informationen, aber eins ist klar: Sie war ihrer Zeit weit voraus!

Kurzbiografie Susanna Elisabeth Zeidler:

http://www.wortblume.de/dichterinnen/zeidle_b.htm

Vorwort zu 'Jungferlicher Zeitvertreiber'

http://www.wortblume.de/dichterinnen/zeidl00v.htm

Beglaubigung der Jungfer Poeterey

Rhapsodius gläubt nicht das Jungfern Verse machen:

Wie solte man nu nicht der falschen Meynung lachen?

  Wie / wenn man sagte / das hochzeitliche Gedicht /

  Das Rhapsodus gemacht / ist seine Arbeit nicht.

Ist dieses müglich / so kan jenes auch geschehen.

Hat denn Herr Rhapsodus dergleichen nie gesehen?

  Ihr Musen Söhne denckt / ihr seyd es gar allein /

  Bey denen Phoebus zeucht mit seinen Künsten ein.

O nein / ihr irret euch: Die Pallas pflegt dergleichen

Künst / Weißheit und Verstand uns Nimphen darzureichen.

  Sind wir gleich nicht an Kunst und Gaben gar zu reich /

  Noch euch / ihr Phoebus Volck in allen Stücken gleich

(Denn dieses ist gewiß / das läßt man wol passiren /

Das euch die freye Kunst vortrefflich kan bezieren /

  Dazu euch euer Fürst Apollo Anlaß giebt /

  Wenn ihr von Jugend auf Parnassus Hügel liebt.)

So werdet ihr doch diß nicht gäntzlich leugnen können /

Das GOtt und die Natur uns ebenmäßig gönnen

  Was euch gegeben ist / und das uns offtmahls nicht

  Das Tichten / sondern nur die Zeit dazu gebricht.

Es fehlt uns nicht an Witz / und andern guten Gaben /

Nur das man nicht dazu Gelegenheit kan haben.

  Wenn man uns so wie euch / die Künste gösse ein /

  So wollten wir euch auch hierinnen gleicher seyn.