Ist nicht Ephraim mein teurer Sohn und mein liebes Kind? Denn sooft ich ihm auch drohe, muss ich doch seiner gedenken; darum bricht mir mein Herz, dass ich mich seiner erbarmen muss, spricht der HERR. Jeremia 31,20
Gott, der reich ist an Erbarmen, hat uns in seiner großen Liebe, die er uns entgegenbrachte, mit Christus zusammen lebendig gemacht, obwohl wir tot waren in unseren Verfehlungen. Epheser 2, 4-5
Barmherzig werden
Die Worte, die Gott durch seinen Propheten Jeremia seinem Volk Israel - hier als "Ephraim" bezeichnet - durch das heutige Losungswort ausrichten lässt, gehören für mich zu den Ergreifensten, die im Alten Testament zu finden sind. Was hier geschieht, wird später der Apostel Jakobus schlicht so beschreiben: "Barmherzigkeit aber triumphiert über das Gericht." (Jakobus 2,13) Es gibt in Gott so etwas wie ein inneres "Müssen": "Ich muss seiner gedenken und ich muss mich erbarmen..." Darf man so von Gott reden? Lässt Gott sich so von seinen Emotionen und Regungen hinreißen? Hat er ein Herz, das sich in seinem Inneren umdrehen kann?
Es gibt in der Theologie die Rede von der "anthropomorphen Redeweise über Gott"; damit ist gemeint: Es ist besonders das Alte Testament, das oft in sehr menschlicher Weise und in menschlichen Bildern von Gott redet. Mitgemeint ist dabei: Wir modernen und aufgeklärten Menschen müssten eine solche Sichtweise überwinden, die doch ein wenig naiv, kindlich und unreif daherkommt. Was dabei jedoch herauskommt, ist ein abstrakter Gott; ein göttliches Prinzip; ein Gerechtigkeitsroboter o.ä. - auf jeden Fall niemand mehr, der zu mir in lebendige Beziehung tritt und mich beim Namen nennt.
Ist es dagegen nicht so, dass wir seit Weihnachten wissen, dass Gott weit menschlicher ist, als wir denken? Dass wir es wirklich mit einem humanen Gott zu tun haben? Dass wahre Menschlichkeit und Humanität Dinge sind, die aus dem Herzen Gottes kommen und Merkmal unserer Gottebenbildlichkeit sind? Göttlichkeit und Menschlichkeit sind keine Gegensätze; Jesus verbindet und verkörpert sie beide - "wahr' Mensch und wahrer Gott" singen wir in dem Lied "Es ist ein Ros' entsprungen."
Im Lehrtext erinnert uns der Apostel Paulus daran, dass Gott uns in der Auferweckung seines Sohnes mitlebendig gemacht hat; und zu den herausragendsten Merkmalen diesen neuen Lebens gehört die "große Liebe" und dass nun auch wir gar nicht anders können und uns "erbarmen zu müssen". Denn wie der Vater - so die Kinder....
In Jesus bist du gesegnet und zu neuem Leben auferweckt.
In Jesus bist du gesegnet: du bist ein Gotteskind; nun werde auch ganz ein Menschenkind!
In Jesus bist du gesegnet und befähigt, zu lieben und dich zu erbarmen. Dem gib Raum!