Sonntag, 2.Juli 2023
HERR, die Erde ist voll deiner Güte; lehre mich deine Gebote.
Psalm 119, 64
Alles, nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch! Das ist das Gesetz und die Propheten.
Matthäus 7,12
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Der Psalm 119 ist bekanntermaßen mit 176 Versen der Längste aller Psalmen. Er ist eine einzige Meditation oder ein Hymnus auf die Thora, die Weisung des HERRN. Nicht weniger als 8 verschiedene Begriffe verwendet er, die alle - mit geringen Bedeutungsvarianten - genau diese Worte Gottes preisen; in unserer Losung heute sind es z.B. "die Gebote".
Die Losung bringt eine ganz fundamentale Erfahrung des inneren oder kontemplativen Gebetes zum Ausdruck: Alles ist von Gott selbst erfüllt. Gott ist der Allgegenwärtige und alles Erfüllende. "Gott in allen Dingen suchen und finden" - dieser Wahlspruch des Ignatius von Loyola leitet sich z.B. von dieser schlichten Erkenntnis ab. Von nichts anderem redet der Psalm 139, wenn er in Gedanken durchspielt, wohin man vor Gott fliehen könnte - und dabei an kein Ende kommt. Und doch: Erst die 2. Vershälfte "lehre mich deine Gebote" beschreibt das, was wir ein "personaler Gegenüber" nennen. Denn mit dem Herzen diese Wahrheit zu fassen, dass die Erde "voll von Gott ist", bedeutet noch lange nicht, ihm nun auch zu begegnen, denn die elementare Form der Begegnung ist nun einmal das Wort. Dass Gott spricht und auf unsere Antwort hört (und umgekehrt) - das ist das Herzstück dessen, was wir eine Gottesbegegnung nennen. Wie kostbar!
Im Lehrtext nennt uns Jesus die sog. "goldene Regel", ein weisheitlicher Grundsatz, der auch - bezeichnenderweise in seiner negativen Wendung - ins deutsche Sprichwort eingegangen ist: "Was du nicht willst, dass man dir tu', das füg' auch keinem andern zu." Wir sollen also nicht nur das Böse vermeiden, sondern das Gute tun. Immer wieder einmal hat Jesus seinen Zuhörern und Jüngern gegenüber das "Gesetz und die Propheten" auf so schlichte Grundformeln gebracht - zu einer Zeit, als die Schriftgelehrten und Pharisäer aus den "Geboten des HERRN" einen undurchdringlichen und ganz komplizierten und natürlich unerfüllbaren Dschungel von Einzelverordnungen gemacht hatten, vor denen der "Durchschnittsjude" natürlich kapitulieren musste. "Warum kompliziert, wenn's auch einfach geht" - auch das ist eine weisheitliche Regel, die so nicht in der Bibel steht, aber trotzdem von den Propheten und von Jesus angewendet wird. "Alle wahrhaft geistlichen Dinge sind einfach" - so hat es einmal einer meiner geistlichen Lehrer auf den Punkt gebracht. Mach' die Dinge des geistlichen Lebens also nicht unnötg kompliziert und werde misstrauisch, wenn jemand sie dir als Wissenschaft verkaufen will.
Übrigens ist das letzte in der Schrift überlieferte Wort der Jungfrau Maria ebenfalls so ein einfaches Wort: "Was irgend er (Jesus) euch sagt, das tut." (Johannes 2,5) Darum geht's.
In Jesus bist du gesegnet mit offenen Augen und Ohren, dass du sein Wort vernehmen kannst.
In Jesus bist du gesegnet und ermächtigt, Gutes zu tun.
In Jesus bist du mit dem schlichten Gehorsam des Sohnes gesegnet.
https://www.youtube.com/watch?v=q-8HQq9tx1g