Du sollst nicht einem Schuldigen Beistand leisten, indem du als Zeuge Gewalt deckst. 2. Mose 23,1
Brüder und Schwestern: Was wahrhaftig ist, was ehrbar, was gerecht, was rein, was liebenswert, was einen gute Ruf hat, sei es eine Tugend, sei es ein Lob - darauf seid bedacht! Philipper 4,8
Gewalt überwinden
Aus der ganzen Missbrauchsthematik kennen wir das Phänomen der Vertuschung, dass Täter gedeckt und Gewalttaten verschwiegen werden. Von außen ist das immer sehr schwer zu verstehen; aber dieses Decken von Gewalttaten ist oft Teil des Systems. Es gibt offensichtlich in uns Mechanismen, die dazu führen, dass wir nur allzu gerne "ein Auge zudrücken". Diese Mechanismen zu verstehen (Verstehen heißt dabei nicht Einverständnis!), ist Teil der ganzen Aufarbeitungsdebatte.
"Ein Auge zudrücken" - das bedeutet eben oft, dass wir nicht sehen, was wir nicht sehen wollen. Darum ist es immer wieder so wichtig, dass wir - angefangen bei unserem eigenen Umfeld - mit möglichst unverstelltem Blick die Dinge ansehen, wie sie wirklich sind: Anschauen und da sein lassen, was wirklich ist. Die Dinge beim Namen nennen. Nicht wegsehen und die Dinge nicht schönreden. Das kann schwer und schmerzlich sein, weil es Konsequenzen nach sich zieht, ist aber der erste Schritt, wenn sich Dinge ändern sollen. All das steht hinter dem, wovon die Losung heute spricht.
"Kein Auge mehr zudrücken" - das kann dazu führen, dass man sein Augenmerk nur noch auf das richtet, was nicht in Ordnung und unheilvoll ist. So nötig das manchmal ist - der Apostel Paulus lehrt uns im heutigen Lehrtext eine andere Blickrichtung. Es ist die Ausrichtung der Wahrnehmung auf das Gute und Heilvolle. Wir rotten das Böse nämlich nicht aus, indem wir es ans Licht zerren und anprangern - so nötig auch das im Einzelfall ist. Sondern wir überwinden das Böse immer nur mit dem Guten und der Güte. Das beginnt mit dem, was wir zur Sprache bringen, wenn wir übereinander reden. Wenn wir schon Negatives und Kritisches über andere aussprechen, dann sollten wir wenigstens noch etwas Würdigendes und Wertschätzendes hinzufügen. - Wir werden immer dem gleich, was wir anschauen - darum ist die Frage, worauf wir unsere Wahrnehmung einstellen und was wir fokussieren, eine wichtige Frage auf unserem geistlichen Weg. Und ist diese lange Aufzählung im heutigen Lehrtext nichts anderes als eine Umschreibung von Jesus selbst?
Du bist in Jesus gesegnet und befähigt, der Wahrheit ins Auge zu sehen.
Du bist in Jesus gesegnet und gegründet in Güte und Sanftmut (Gewaltlosigkeit). (Matthäus 5,5)
Du bist in Jesus gesegnet und bevollmächtigt, das Böse zu überwinden. (1. Johannes 2,13)