Wenn du an Kroatien denkst, kommen dir vielleicht zuerst die glasklaren Küsten, das türkisfarbene Meer und die Altstädte wie Dubrovnik oder Split in den Sinn. Doch hinter dieser touristischen Postkartenfassade verbirgt sich ein faszinierendes Netz aus vergessenen Orten, modernem Zerfall und der stillen Ästhetik vergangener Zeiten. Genau hier beginnt deine Reise als Urban Explorer, Fotograf oder Filmemacher: in den Schatten jener Geschichte, die nicht im Reiseführer steht.
Kroatien trägt die Spuren mehrerer Epochen in sich – von der glorreichen Zeit der Habsburger über den Tito-Kommunismus bis hin zu den tiefen Wunden des Balkankrieges in den 1990er-Jahren. Diese historischen Brüche haben nicht nur die Gesellschaft geprägt, sondern auch ihre Architektur. Ganze Sanatorien, Hotels und Industrieanlagen wurden nach der Auflösung Jugoslawiens aufgegeben, weil sie politisch nicht mehr gewollt oder wirtschaftlich nicht mehr tragfähig waren. Besonders entlang der dalmatinischen Küste findest du verlassene Luxushotels aus den 70ern und 80ern, die einst sozialistische Prestigeprojekte waren und nun, von Pflanzen überwuchert, zu perfekten Kulissen für deine Linse geworden sind.
Ein absolutes Highlight für Abenteurer ist der Zugang zu ehemaligen militärischen Einrichtungen. Etwa die riesigen unterirdischen Bunker in den Bergen bei Željava – einst Teil eines geheimen jugoslawischen Luftwaffenstützpunkts. Die Landebahn ist heute überwuchert, die Hangars hallen von Stille wider. Die Atmosphäre dort ist roh, fast surreal. Als Fotograf oder Filmer kannst du hier mit Licht und Schatten spielen wie in kaum einem anderen Setting. Besonders in den frühen Morgenstunden, wenn der Nebel noch über den Beton kriecht, wirkt alles wie aus einer dystopischen Zukunft.
Auch auf den kroatischen Inseln findest du solche militärischen Relikte – etwa auf Vis, wo eine unterirdische Raketenbasis wie ein Filmset aus einem Cold-War-Thriller wirkt. Diese Orte erzählen dir Geschichten, ohne Worte zu brauchen. Dein Auftrag ist es, diese Geschichten zu dokumentieren, einzufangen – und vielleicht sogar neu zu interpretieren.
Besonders tragisch und gleichzeitig faszinierend sind verlassene Freizeitkomplexe und Ferienresorts, die in der jugoslawischen Blütezeit für Arbeiterfamilien gebaut wurden. In Orten wie Kupari, nahe Dubrovnik, stehen die Ruinen von Luxushotels direkt am Meer. Was einst Erholungsort für Militärs war, ist heute ein Mahnmal des Stillstands. Du gehst durch zerfallene Empfangshallen, wo früher Gäste in Abendkleidung flanierten. Jetzt raschelt nur der Wind durch zerfetzte Vorhänge, und Tauben fliegen durch das, was einst ein Ballsaal war. Diese Orte sind eine Einladung, die Vergänglichkeit zu inszenieren – in ruhigen, fast poetischen Bildern oder in dramatischen Filmszenen, die zwischen Realität und Traum pendeln.
Beim Fotografieren und Filmen dieser Lost Places geht es nicht nur um Technik, sondern um Gefühl. Du lernst, mit dem Licht zu arbeiten, das durch zerbrochene Fenster fällt. Du wirst sensibel für Farben, die in der Natur verschwinden, aber durch die Kamera eine neue Bedeutung bekommen. Rostiges Metall, abblätternde Farbe, der Kontrast zwischen Natur und Beton – all das ist nicht nur visuelle Information, sondern Stimmung.
Gerade im Zeitalter von Instagram und TikTok kannst du diese Ästhetik nutzen, um Geschichten visuell neu zu erzählen. Dabei geht es nicht um reines „Content Creation“, sondern um künstlerische Dokumentation. Du kannst zum Beispiel eine Fotoserie erstellen, die die Metamorphose eines Gebäudes über mehrere Jahreszeiten zeigt, oder ein Kurzfilmprojekt planen, das die Geschichte eines Ortes aus der Perspektive eines fiktiven Bewohners erzählt. Urbex in Kroatien gibt dir die Bühne, du bestimmst das Stück.