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Description

Wer immer nur das ausreichende Auskommen und nicht mehr will, der will nichts Ungeziemendes. Wenn er aber mehr begehrt als sein Auskommen, dann will er nichts Geziemendes. Nur jener wünschte und bat darum, der da sprach: „Reichtum und Armut gib mir nicht; verleihe mir aber das Notwendige in hinreichendem Maße, damit ich nicht etwa gesättigt Lügen rede und spreche: Wer sieht mich? Oder aus Armut stehle und falsch schwöre beim Namen meines Gottes?“ (Spr 30,8f) Du siehst ohne Zweifel, dass dieses ausreichende Auskommen nicht um seiner selbst willen, sondern wegen des leiblichen Wohlbefindens und des den persönlichen Verhältnissen entsprechenden Haushalts anzustreben sei; denn dieser Haushalt soll jenen nicht ungeeignet erschienen, mit denen man in ehrbarer und standesgemäßer Weise zu verkehren hat. Bei all dem wird das persönliche Wohlbefinden und die Freundschaft um ihrer selbst willen angestrebt. Das ausreichende Auskommen sucht man nicht um seiner selbst willen, sondern wegen der beiden ebengenannten Zwecke, so lange man in geziemender Weise danach verlangt. Das Wohlbefinden schließt in sich sowohl das Leben selbst als auch die Gesundheit und Unversehrtheit des Leibes und der Seele. Auch sind der Freundschaft nicht enge Grenzen zu ziehen. Sie umfasst vielmehr alle, denen man Liebe und Zuneigung schuldet, wenn man sich auch zu dem einen mehr, zu dem anderen weniger hingezogen fühlt; sie reicht sogar bis zu den Feinden, da uns befohlen ist, auch für sie zu beten. So gibt es niemand im Menschengeschlecht, dem man nicht Liebe, wenn auch nicht als wechselseitige Zuneigung, so doch wegen der Gemeinsamkeit der Natur schuldig wäre.