Bahzad Sulaiman hat schon in der ganzen Welt ausgestellt und performed, kommt aber trotzdem immer wieder gerne zurück ins kleine Saarbrücken. Seine Kunst kann man nicht auf ein bestimmtes Genre festlegen, denn er arbeitet immer interdisziplinär, hat kürzlich sogar eine eigene Performance-Oper inszeniert: Mit TänzerInnen, SängerInnen und MusikerInnen zeigte er "Das Flüssige zwischen uns" und zwar buchstäblich. Denn er thematisierte damit, wie unterschiedlich die Welt für jeden von uns ist, wie anders und schwer das Leben für Menschen mit sozialen Ängsten oder mit Behinderungen, wie zum Beispiel Autismus ist. Wir selbst erschaffen das Leben in uns selbst und dementsprechend unterschiedlich gehen wir auch mit Nähe und Distanz, mit Verbindung und Losgelöstheit oder mit den Fragen danach, wie wir uns wann am besten verhalten, um. Bahzad erzählt, wie er dieses "Flüssige zwischen uns" mit seiner Oper in Relation zu der Wirkung des Raumes, des Publikums und der Atmosphäre gesetzt und damit ein sich immer wieder änderndes Erlebnis geschaffen hat.
Woher sein Selbstvertrauen kommt, kann er nicht genau sagen, aber er vermutet ganz simpel durch Erfahrung. Schon immer ist er intuitiv dem gefolgt, was ihn gerade am meisten interessiert hat. So hat er zunächst in seinem Heimatland Syrien Bildhauerei studiert und bereits 2010 erste Ausstellungen gemacht. Doch dann interessierte ihn nicht nur die Skulptur, Form oder Installation, sondern er wollte diese auch bewegen oder beweglicher machen. In einem weiteren Studium in Theater Design und Inszenierung hat er auch diese Neugier ausgelebt und seine akademische Bildung schließlich mit dem Studium der freien Kunst in Saarbrücken abgeschlossen.
Für ihn war immer klar, dass er von seiner Kunst leben möchte, einfach ein bisschen Kunst und dann schauen, ob es klappt, kam für ihn nie infrage. Und das erfordert natürlich Leistung. Für ihn ist Leistung dennoch nebensächlich. Es ist das, was er machen muss, um von der Kunst leben zu können: nämlich Unmengen von Bewerbungen und Projektideen schreiben. Und er gibt offen zu, dass auch Unmengen von Absagen dazu gehören. Das ist nun mal Teil des Lebens. Die europäische Leistungsmentalität hat nichts mit ihm zu tun. Denn er misst seinen Erfolg nicht an Leistung, sondern daran, wie viel Freude ihm das Arbeiten macht. "Feierabend", dieses Wort existiert in vielen Sprachen gar nicht, erklärt Bahzad. Und auch in seinem Leben nicht, denn er will nicht erst nach der Arbeit feiern, sondern währenddessen. Er verurteilt niemanden, der ständig auf etwas hin arbeitet, egal ob Urlaub oder Rente. Aber er würd sein Leben so nie führen wollen.
Wieso sollte man ständig im Kopf in der Zukunft leben, wo doch klar ist, dass uns in der Zukunft ganz andere Dinge glücklich machen, als jetzt. Bahzad sagt, dass das doch ganz von der Lebensphase und dem aktuellen Interesse abhängt und es darum geht, was im Jetzt passiert. Sein Selbst oder die Situation, in der er gerade ist, bewertet er aus dem Jetzt heraus und nicht aus einer möglichen zukünftigen Annahme. Genau so hat er auch all die schwierigen Momente in seinem Leben gemeistert, die Erfahrung des Kriegs in Syrien, das alleine in die Fremde gehen, ohne die Sprache, die Schrift oder Menschen dort zu kennen.
Bahzad erzählt davon, wie er mit 8 Geschwistern aufgewachsen ist, dass auch er natürlich die auf der ganzen Welt herrschende Mentalität kennt, besser zum Beispiel Arzt als Künstler zu werden, ihm aber die kurdische Kultur einen anderen Zugang zur Lebensgestaltung mitgegeben hat, als das hiesige Statusdenken. Für ihn ist es egal, dass in seiner Familie niemand einen Bezug zu Kunst hatte. Vielleicht gerade, weil er sich auf den Prozess konzentriert, wenn dieser ansteht und auf das Ergebnis, wenn das Ergebnis ansteht. Wenn ich einen Berg besteige, genieße ich ja nicht nur den Gipfel, sondern den ganzen Weg dahin, mit all der Natur und den neuen Erfahrungen.