Selten war ein Wahlkampf derart turbulent – vom Attentat auf Donald
Trump bis zu Joe Bidens Verzicht und der Einwechslung von Kamala Harris
als Kandidatin der Demokraten. Wohin treibt Amerika? Es gibt viele
Bücher, die versuchen, ein Land im Aufruhr zu erklären. Für ein "Was
liest du gerade?"-Spezial sprechen Maja Beckers und Alexander Cammann
über vier Sachbücher, die sich wirklich lohnen.
Da ist das neue Buch von Daniel Ziblatt und Steven Levitsky,
Politikwissenschaftler in Harvard und Autoren des Weltbestsellers Wie
Demokratien sterben. Sie glauben, die amerikanische Demokratie stehe am
Abgrund, weil Mehrheiten sich nicht mehr durchsetzen können. In ihrem
neuen Buch Die Tyrannei der Minderheit erklären sie, warum das
amerikanische Wahlsystem geradezu darauf ausgelegt ist, dass eine
reaktionäre Minderheit sich durchsetzt und warum deshalb diese reiche
Demokratie besonders anfällig ist für den Autoritarismus.
Jemand, der davon profitiert, ist J. D. Vance, Trumps Kandidat für die
Vizepräsidentschaft. In der Rubrik Der erste Satz diskutieren unsere
Hosts über ein Zitat aus seinem gefeierten Buch Hillbilly-Elegie von
2016. Was meint Vance damit, wenn er den weißen Armen im Rust Belt eine
geradezu spirituelle Kultur des Scheiterns attestiert?
Wachsende Zeltstädte, Sucht und Obdachlosigkeit – die oft extreme Armut
in den USA ist ein zentrales Thema vieler Wahlkampfdebatten. Matthew
Desmond ist Soziologe in Princeton und Pulitzer-Preisträger. In seinem
Buch Armut. Eine amerikanische Katastrophe versucht er zu verstehen,
warum Armut in den USA ein derart gravierendes und dauerhaftes Problem
ist. Und er kommt zu einigen überraschenden Schlüssen, die mit den
üblichen Erklärungen von rechts (Migration) und links (Neoliberalismus)
nichts zu tun haben.
Und warum spielen individuelle Rechte, von Schwangerschaftsabbrüchen bis
Black Lives Matter, in den amerikanischen Diskussionen immer so eine
große Rolle? Aufschlussreich ist da ein Blick in vier Essays von Judith
Shklar, die unter dem Titel Der Liberalismus der Rechte zum Klassiker
geworden sind. Die 1992 verstorbene und seit einigen Jahren
wiederentdeckte Theoretikerin findet, dass genau dieser Fokus auf
persönliche Rechte typisch ist für den besonderen amerikanischen
Liberalismus.
Sie erreichen das Team von Was liest du gerade? unter buecher@zeit.de.
Literaturangaben:
Steven Levitsky, Daniel Ziblatt: "Die Tyrannei der Minderheit. Warum die
amerikanische Demokratie am Abgrund steht und was wir daraus lernen
können", übersetzt von Klaus-Dieter Schmidt, DVA, 352 Seiten, 26 Euro
Matthew Desmond: "Armut. Eine amerikanische Katastrophe", übersetzt von
Jürgen Neubauer, Rowohlt, 304 Seiten, 20 Euro
JD Vance: "Hillbilly-Elegie", übersetzt von Gregor Hens, Ullstein, 304
Seiten, 18 Euro
Judith Shklar: "Der Liberalismus der Rechte", übersetzt von Dirk Höfer,
Hannes Bajohr (Hg.), Matthes & Seitz, 203 Seiten, 16 Euro
[ANZEIGE] Mehr über die Angebote unserer Werbepartnerinnen und -partner
finden Sie HIER.
[ANZEIGE] Mehr hören? Dann testen Sie unser Podcast-Abo mit Zugriff auf
alle Dokupodcasts und unser Podcast-Archiv. Jetzt 4 Wochen kostenlos
testen. Und falls Sie uns nicht nur hören, sondern auch lesen möchten,
testen Sie jetzt 4 Wochen kostenlos DIE ZEIT. Hier geht's zum Angebot.