Bevor Thomas Mann zum Demokraten und Verteidiger der Weimarer Republik
wurde, feierte er die besondere Seelenlage der Deutschen wie kein
Zweiter. In den "Betrachtungen eines Unpolitischen" erklärte er, warum
Politik ein schmutziges Geschäft sei, das Briten und Franzosen
betrieben, während die deutsche Seele zart, versponnen und musikalisch
sei: Kultur versus Zivilisation. Später war es Thomas Mann selbst, der
in diesem romantischen Sonderweg den Weg in die Katastrophe des
Nationalsozialismus erkannte. Nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg war
im Sinne der Reeducation klar: Von diesen romantisch-irrationalen
Traditionslinien der deutschen Mentalität muss sich die Bundesrepublik
trennen. Es war kontaminiertes Gelände.
Es ist kein Zufall, dass es nun ausgerechnet zwei Filmemacher mit
Migrationshintergrund sind, die in ihren Filmen "Amrum" (Fatih Akin) und
"Yunan" (vom syrischen Filmemacher Ameer Fakher Eldin) diese verdrängten
Traditionsbestände neu erkunden und von einem archaischen Deutschland
erzählen, das in der möglicherweise immer noch gefährdeten deutschen
Seele schlummert. Bloß: Warum spielen beide im rauen Norden, auf Amrum
und der Hallig Langeneß?
In der neuen Folge der "sogenannten Gegenwart" fragen Nina Pauer und
Ijoma Mangold, ob mit dem, was viele den reaktionären Backlash nennen,
auch die musikalische deutsche Seele fröhliche Urständ feiert und ob wir
überhaupt bereit sind für eine ethnologische Tiefenbohrung unseres
Nationalcharakters.
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