„Deutsche Mittelständler schauen der digitalen Revolution bisher meist tatenlos zu. Dabei bedrohen innovative Wettbewerber das Geschäftsmodell von immer mehr Firmen.“ Nachzulesen im Handelsblatt vom 12.05.2015. Wenige Monate später konstatierte das Manager Magazin, das Digitalisierungspotenzial in Deutschland liege bei 250 Milliarden Euro. Und dass sich die Deutschen vor der Digitalisierung fürchten. Bis zu 40 Prozent der Unternehmen würden durch digitale Disruption „schwer verwundet, vermutlich sogar tödlich“, hieß es in einer neuen Studie von Cisco. Unter Disruption ist das Aufkommen einer technischen Innovation zu verstehen, die eine bestehende Technologie, ein bestehendes Produkt oder eine bestehende Dienstleistung vollständig verdrängt. Und seltsam: Zwar halten 72 Prozent der Befragten die Digitalisierung für etwas Gutes. Doch bei 44 Prozent wird immer noch keine strategische Diskussion um die veränderten Prozesse geführt. Dies lässt Michael Ganser, Zentraleuropa-Chef von Cisco, resümieren, dass nur bei einer Minderheit der Firmen die Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse auf der Agenda stehe. Deshalb drohten bis zu 40 Prozent der Unternehmen durch die digitale Disruption der Exitus. Expedition in die Tiefe Die letzten Kapitel habe ich mich der Frage gewidmet, was es wohl sein könnte: Wo genau sich der Bruchpunkt, der Trigger befindet – jenes merkwürdige Organ im Gehirn oder sonst wo, das Unternehmer im auf seine 20er Jahre zugehenden 21. Jahrhundert nach wie vor davon abhält, auf digitale Markenführung umzustellen. Und zwar konsequent. Nicht halbherzig, nicht verklemmt, nicht mit angezogener Handbremse. Und nicht nur darum geht es, wo er sich befindet, der Punkt, sondern vor allem: Woraus er besteht. Wo also der Unterschied beginnt zwischen der so ungeheuerlich erfolgreichen US-Mentalität zu anderen, nachhinkenden. Und wo der Deutsche, statt es dem Ami einfach gleichzutun, beginnt, über das Warum zu philosophieren und, in Zaghaftigkeit stagnierend, vom Unternehmer zum Unterlasser degeneriert. Offensichtlich verwechselt der Deutsche Zögern mit Vorsicht. Dabei ist Vorsicht im Sinne von kluger Voraussicht und Umsicht immer richtig, zulässig und zielführend. Statt aber nach vorne zu schauen, blickt der Unternehmer wehmütig und nostalgisch nach hinten. Heureka! Ich hab ihn gefunden! Der geheimnisvolle Punkt, der formidable Knubbel befindet sich dort, wo sich im Gefolge unternehmerischen Visionen und Ideen das Denken verzweigt: Dort, wo der eine handelt und der andere verzagt. Man könnte ihn also auch V-Punkt nennen. Er besteht aus Einwänden, Bedenken, Befürchtungen, im schlimmsten Fall sogar Angst. Da ist nun eine riesige Chance, ein herrlicher Schlitten, ein Glitzerding, eine wunderschöne, breite, bequeme Datenautobahn. Man könnte durch wunderschöne, üppige Landschaften fahren und ernten. Doch kaum einer steigt ein. Was für ein ätzendes Dilemma! Eine Sackgasse im Gehirn, ganz offensichtlich. Die Behandlung des wunden Punktes Im Zusammenhang mit der digitalen Transformation kann man viele Dinge wie das „neue Denken“ oder „das Denken muss aufgebrochen werden“ lesen. Dabei muss 1. das Denken nicht neu erfunden werden und 2. muss ich mich jedes Mal beinahe erbrechen, wenn ich von „Aufbrechen“ nicht im Sinne von Losgehen sondern von Brechstange höre und lese. Haben die Leute denn keine Argumente?, frage ich mich dann jedes Mal. Sind diese Leute zu faul zum Argumentieren, haben sie keine Lust? Reichen ihre Argumente nicht aus? Oder was? Ich unterhalte mich leidenschaftlich gerne mit Unternehmern. Sie alle schaffen Werte und gehören schon deshalb zur Elite jeder Gesellschaft, die in unschätzbarem Ausmaß von ihren Ideen und Visionen profitiert. Sie tragen Verantwortung und sind bereit, Risiken auf sich zu nehmen. Weil ich weiß, dass Unternehmer zu den intelligenteren Menschen gehören und weil ich weiß, wie wichtig es ist, zuzuhören und zu lernen, ziehe ich es vor,...