Können Computer denken? Es kommt darauf an, was man unter Denken versteht. Wenn man Denken als – noch so komplexe – Rechenleistung definiert, können Computer dies besser als jeder Mensch. Auch Schachcomputer sind inzwischen dermaßen ausgereift, dass kein Mensch der Welt mehr je gegen sie eine Chance hat. Computer können kognitive menschliche Leitungen ersetzen. Sie können sogar malen wie Pablo Picasso, Häuser entwerfen wie Renzo di Piano, sie können Piano spielen wie Rubinstein, und sie können Diabetesprogramme und Diäten, Autos, Flugzeuge und Schiffe steuern. Man könnte meinen, Computer wären kreativ. Aber stimmt das? Wenn dem so wäre, müssten wir uns nicht um die Gunst von High Potentials bemühen, die besonders firm im kreativen Problemlösen sind. Leute also, die imstande sind, für multifaktorielle, multidimensionale Probleme situationsgerechte, passgenaue, atmende Lösungen zu entwickeln, die ohne die Fähigkeit kreativ zu denken, undenkbar wären. Konvergent und divergentes denken Computer bearbeiten Probleme üblicherweise, indem sie konvergente „Denk“-Operationen durchführen. Das Ziel konvergenten Denkens ist es, zu einem gegebenen Problem nur eine bestimmte Lösung bzw. eine Reihe von Lösungen zu finden. Zwar arbeiten etliche Firmen wie z.B. Google fieberhaft an kreativen Programmen; was ihnen aber (noch) fehlt, ist die Intuition, die man gemeinhin auch als den „göttlichen Funken“ bezeichnet. Dieser Funken ist der Auslöser divergentes Denken, die das Ziel haben, zu einem gegebenen Problem gleich mehrere Lösungsideen zu generieren. Dabei ist Kreativität keinesfalls mit Spinnerei gleichzusetzen. Auch das sprunghafte, affektive Denken wirrer Geister ist nicht gemeint. Vielmehr suchen wir nach Potentialen, die auch unter den harten Bedingungen der Realität souverän performen. Wir suchen Individuen, die gebildet und erfahren sind, solche, die dazu in der Lage sind, ihre Ideen in die Wirklichkeit zu transformieren. Und zwar auch dann, wenn sich die Wirklichkeit verändert. Wir brauchen Leute mit praktischem Können und Wissen. Aristoteles nannte es „Phronesis.“ Die Bedingung der Phronesis ist die Fähigkeit, divergent zu denken. Und Intelligenz. Je höher, desto besser. Kreatives Denken ist gleichzusetzen mit divergentem Denken. Wenn du nun die Kreativität deines Personals – oder deine eigene – testen willst, dann denke dir eine komplexe Aufgabe aus, eine jener multidimensionalen Aufgaben, mit denen die digitale Markenführung täglich zu tun hat. Und dann checke, wie deine Leute das Problem lösen. Für die Einordnung bzw. „Messung“ der divergenten Denkfähigkeit empfiehlt sich die Überprüfung der Voraussetzungen der Merkmale Flüssigkeit, Flexibilität und Originalität. Machen wir doch einfach ein Spiel: Wie wäre es mit „Stadt, Land, Fluss“? ïFlüssigkeit ist gleichbedeutend mit Produktivität, also die Fähigkeit, zu einer gegebenen Aufgabe möglichst viele Lösungsideen zu produzieren. Dabei wird von der Annahme ausgegangen, dass sich mit der wachsenden Menge an Ideen gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten qualitativ hochwertiger Lösungen erhöht. Wäre es ein Spiel, so könnte es dem beliebten „Stadt, Land, Fluss“ in der Phase vor der Spielaufnahme entsprechen, wenn nach weiteren Oberbegriffen gesucht wird: Beruf? Name? Pflanze? Tier? ïFlexibilität bedeutet die Fähigkeit, eine große Zahl unterschiedlicher Ideen zu produzieren, die sich voneinander so deutlich unterscheiden, dass sie verschiedenen Inhaltsklassen zugeordnet werden können. Flüssigkeit unterscheidet sich von Flexibilität dadurch, dass hier nicht mehr die Menge, sondern die Breite und Art der Ideenproduktion im Vordergrund steht. Um diese dem semantischen, emotional-kognitiven Bereich zugehörige Fähigkeit zu ermitteln, können dem Probanden, wie bei...