Performed by the ORF Symphonieorchester (dir. Mario Venzago) at the festival Musikprotokoll on 11 Oct 1991 in Graz.
In Essls Orchesterstück werden die vom Computer errechneten zeitlichen Strukturen einer Handvoll musikalischer Charaktere unter des Komponisten Feder zu einer umfangreichen Klangwelt aufgefächert. Diese skelettartigen Charaktere einer heißt "Schatten" und besteht in Impuls und klanglichem Nachzittern, ein anderer heißt "Feld" sind als Reinform, in der sie das digitale Environment der Essl'schen Software liefert, gar nicht vorstellbar, sie bedürfen erst der Interpretation, um Musik zu werden. Erst diese Interpretation macht die Unterschiede der drei Abschnitte nachhörbar, wenngleich jene bereits bei der Programmierung des Computers angestrebt wurden. Oberstes Gebot ist jedoch das subjektive Reagieren des Komponisten auf den Prozeß des Werkes, der die Komposition interaktiv lenkt. Essl: "Ähnliche Konstellationen können sich so aufgrund des bereits zurückgelegten Weges und den dabei gewonnenen Erfahrungen als neuartige Gestalten manifestieren". Essl komponiert sein Werk, als höre er es zum ersten Mal, das Hoffen auf die Individualität der Hörer entspringt mithin dem Vertrauen auf die eigene.
Die musikalischen Charaktere irren im Abschnitt "In Girum" quer durch die Instrumente eine geräuschbetonte Musik, in der metallene Schläge der umfangreichen Perkussion am ehesten den Kern eines Charakters markieren. Die stotternden Einsätze in den durchweg solistisch geführten Orchestergruppen sind zwar ein Merkmal der gesamten Partitur, hier aber entbehren sie jeglicher Linearität. Somit entsteht eine strömende Klangwelt, deren Farben verschwimmen. In "Imus" dagegen werden die Liegeklänge vor allem rhythmisch interpretiert, was zunächst klarere Strukturen suggeriert. Diese aber sind wiederum in verwirrender Weise auf das gesamte Orchester verteilt und zudem mit Vokabeln aus "In Girum" durchmischt. Erst in "Nocte" erlaubt Essl die Konzentration auf seine Vokabeln, ihre Phoneme werden bedächtig aneinandergereiht. Der Name der Nacht ist durchbuchstabiert (Christoph Becher).
Info: http://www.essl.at/works/in-girum.html