Die Dramaturgie der Johannespassion
Der Glaube an die Auferstehung Jesu vom Kreuzestod ist die Basis des christlichen Glaubens schlechthin. Dabei bilden Kreuzestod und Auferstehung ein doppeltes Paradox. Zum einen steht der Auferstehungsglaube an sich in einem scheinbaren Widerspruch zur allgemein menschlichen Erfahrung. Für ihn stehen aber zahlreiche, teilweise namentlich bekannte zeitgenössische Zeuginnen und Zeugen ein, die sogar bereit sind, mit ihrem Leben für diese Botschaft einzustehen. Gibt es aber eine Auferstehung vom Kreuzestod, entsteht ein zweites Paradox, insofern der Kreuzestod nach damaliger Auffassung als Ausweis der Gottverlassenheit gilt, die Auferstehung jedoch nur gottgewirkt sein kann: Der Gottverlassene wird von Gott gerettet! Das ist die Basis des christlichen Glaubens und der Ursprung des christlich theologischen Ringens, dessen erste Spuren im Neuen Testament zu erkennen sind. Vor allem die Passionserzählung des Johannesevangeliums bildet hier einen wichtigen Höhepunkt, indem sie zum einen in ihrer Erzählweise nicht nur Glauben und Unglauben an den vom Kreuzestod Auferstandenen dokumentiert und so ein immer tieferes Eindringen in die Wahrheitsfrage thematisiert; Jesus erscheint sogar als Souverän, der in göttlichem Auftrag das Verfahren bestimmt. Die Johannespassion, die in der römisch-katholischen Tradition jeden Karfreitag in der Liturgie verkündet wird, ist somit ein wichtiges Dokument des Ringens um das theologische Verstehen des Paradoxons der Auferstehung vom Kreuzestod.