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Bei seinem Vortrag im Rahmen des Festival Contre Le Racisme am Donnerstag, 18.06.2015 im Kulturzentrum Pavillon, Hannover, erläutert der Professor für Anglo-Amerikanische Geschichte Norbert Fintzsch die historischen und ideologischen Hintergründe rassistischer Polizeigewalt in den USA und geht auf Gegenmaßnahmen ein.

Er wendet sich dabei gegen Erklärungsansätze, die die Ursachen für die Gewalt ausschließlich im Polizeiapparat selbst sehen und wahlweise die schlechte Verwaltung der unterschiedlichen Struktureinheiten der Polizei, die schlechte Ausbildung der Polizist_innen, die Rekrutierung von Polizist_innen aus rassistischen Gruppen der Gesellschaft, den polizeilichen Korpsgeist als Ursachen für die häufigen rassistischen Übergriffe durch Polizist_innen in den USA anführen, die gruppenpsychologische Ansätze zur Erläuterung der Zustände heranziehen oder die die Polizei als Institution zur Aufrechterhaltung der herrschenden Ordnung betrachten, die durch Gewalt gegen Unterprivilegierte die Herrschaft weißer Eliten zu sichern beauftragt sei.
Er ergänzt diese Ansätze und stellt ihnen eine historische Argumentation entgegen, vor deren Hintergrund Struktur und Handeln der Polizei in den USA nur verstanden werden könne. Zentrale Faktoren, auf die Fintzsch näher eingeht, sind: Sklaverei und ihre institutionelle Gewalt (1619-1863), die Gun Culture (im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts), das gewaltsam durchgesetzte und aufrechterhaltene sozio-ökonomische System der "Reconstruction" (1863-1877), die Unterdrückung afro-amerikanischer Emanzipation durch Lynching (1865-1965), die Entstehung eines Prison-industrial Complex (1877-1896), die Errichtung von Ghettos in den urbanen Zentren nach der Great Migration von 1890 bis 1950, die staatlichen Repressionsmaßnahmen gegen politische Dissident_innen und die schwarze Bürgerrechtsbewegung (COINTELPRO), den "Krieg gegen das Verbrechen" und den "Krieg gegen Drogen", sowie die Hypersegregation nach dem Ende des Fordismus.

Referent: Norbert Finzsch, Professor für Anglo-Amerikanische Geschichte an der Uni Köln