Die in Wien geborene Ruth Klüger (1931–2020) wurde in den USA zu einer der wichtigsten feministischen Literaturwissenschafterinnen, die erst spät als Autorin bekannt wurde. Ihr autobiografisches Werk „weiter leben. Eine Jugend“ erschien 1992 auf Deutsch und wurde ein Bestseller. Das aus feministischer Perspektive geschriebene Buch betont, dass auch weibliche Holocaust-Opfer ein Recht auf Erinnerung haben. Es steht heute neben den bedeutenden literarischen Zeugnissen des Holocausts von männlichen Kollegen wie Primo Levi und Imre Kértesz. Das Interesse vor allem vieler jüngerer Menschen an ihrer Person und ihrem Werk waren schließlich ausschlaggebend dafür, dass ihr literarischer und wissenschaftlicher Vorlass nach Wien kam, wo er seit 2018 am Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek aufgearbeitet und im Literaturmuseum ausgestellt wird.
2006 hat Ruth Klüger (1931–2020) den Aufsatz „Mißbrauch der Erinnerung: KZ-Kitsch“ veröffentlich. Sie erinnert vehement daran, dass das Erinnern kein kategorischer Imperativ ist, kein Sollen oder Wollen, schon gar kein Verdienst, sondern Erinnern ist ein psychologischer Normalzustand. Eine gekürzte Fassung dieses Textes war am 9. November 2020 im Ferdinandeum in Innsbruck als Teil 3 des Abends mit der Klaviersonate „27. April 1927“ von Karl Amadeus Hartmann vorgesehen. Gelesen hat Rainer Egger. Musik Bert Breit.