Ist Verschmelzung überhaupt ein reales Konzept?
Wir Menschen sind Individuen und soziale Wesen. Wir sind einsam, aber nicht alleine.
Wenn ich mich gegen die natürliche Einsamkeit wehre, sie nicht akzeptiere, strebe ich in meiner Partnerschaft „Verschmelzung“ an, in der (unbewussten) Hoffnung, dass sich jemand verantwortlich fühlt, sich kümmert, mich rettet.
Doch niemand kann Dir Deine Eigenverantwortung nehmen, Selbstfürsorge und Selbstakzeptanz sind etwas anderes als Fürsorge & Akzeptanz.
Wenn ich mich gegen meine Einsamkeit wehre und mich somit in eine notwendige (nicht freiwillige) Abhängigkeit begebe, erfordert dies einen hohen Preis - Selbstaufopferung.
Wenn ich von der Anerkennung und Fürsorge meines Partners abhängig bin, habe ich Angst, zu sagen, was ich brauche und mir wünsche - sofern das mit den Bedürfnissen meines Partners / meiner Partnerin konkurriert. Im schlimmsten Fall bin ich dann nicht nur einsam, sondern auch wieder alleine.
Konflikte werden vermieden, man schluckt Dinge hinunter, dabei sorgt doch gerade das Überwinden von Konflikten und die Akzeptanz der Andersartigkeit für stabile Sicherheit:
Ich darf mich gehen lassen, darf eine eigene und vor allem andere Meinung haben, ich darf sein, wie ich bin und werde geliebt.
Die Beziehung (eigentlich sämtliche) dient dazu, dass wir uns entfalten, wachsen, neues Lernen, ausprobieren uns verändern, weil sie im Idealfall ausreichend Sicherheit gibt, die es uns ermöglicht auch mal zu scheitern, schwach zu sein.
Versuche ich permanent, mich aus einer Verlustangst heraus, anzupassen, verkümmert immer mehr vom Selbst und mein Gegenüber kann nur schwer an mir wachsen, es ist für ihn/sie eher anstrengend, irgendwann langweilig und frustrierend.
Was hat das mit Sexualität zu tun?
Sexuelle Bedürfnisse sind ebenfalls individuell und es Bedarf des Mutes, sich selbst zu erforschen und erforscht zu werden. Scham, Angst, Verunsicherung und mangelnde Selbstakzeptanz, verhindern das „Fallen lassen“, das es braucht um tiefe Verbundenheit und Intimität zu genießen, statt (Leistungs)druck zu verspüren, sich zurückzunehmen und gefallen zu wollen.