Die Psychologie möchte natürlich immer wieder neue Erkenntnisse veröffentlichen. Und tatsächlich haben Magazine im Bereich sozialer Wissenschaften einfach 95 Prozent der eingereichten Replikationsstudien abgelehnt. Könnte das etwas damit zu tun haben, dass wir der Psychologie in der Verkaufswelt nicht wirklich trauen können?
Im Podcast heute, bespricht Jörg Dennis Krüger einige wichtige Punkte zum Thema Psychologie, und hat ein paar interessante Beispiele dabei.
TRANSKRIPTION DIESER FOLGE DES PODCASTS
Hallo, mein Name ist Jörg Dennis Krüger, und wie mein Chef-Psychologe am Empfang gerade schon gesagt hat:
Ja, ich bin der Conversion Hacker.
Und lasst uns doch in dieser Ausgabe einfach mal kurz über das Thema Verkaufs-Psychologie oder Psychologie im Allgemeinen reden. Denn Psychologie hat ein Problem. Es ist nämlich kein System. Wenn ich jetzt hier etwas fallen lasse, kann ich nicht behaupten, dass es auf den Boden fällt. In der Physik klappt das, in der Psychologie klappt das aber nicht. Ich kann nicht davon ausgehen, dass, nur weil ich etwas Rot markiere, der Nutzer es auch entsprechend wahrnehmen wird.
Denn, das ist viel komplexer. Auch viel komplexer, als uns viele Verkaufspsychologen das wahr machen wollen. Und ganz viele, dieser Verkaufs-Psychologie Tricks klappen dann auch in ganz vielen Shops gar nicht. Oder es klappt nur sehr ausgewählt, nur in bestimmten Situationen, nur in ganz bestimmten Zielgruppen und so weiter und so fort, weil es halt viel komplexer ist.
Es ist nämlich einfach so, dass manche psychologischen Auslöser und psychologischen Ansätze funktionieren oder auch nicht funktionieren. Das, was diese Auslöser oder Ansätze aussagen, was sie bezwecken, oder bewirken, hängt ganz stark davon ab, wie der Mensch, der da gerade drin ist, denkt. In welcher Situation er gerade ist, in welchem Gefühlszustand er gerade ist, in welcher Ausgangslage er generell ist.
Was ist das für ein Mensch? Was hat er für ein Hintergrundwissen? Und es gibt besonders in der Psychologie, extrem viele winzige Auslöser, die das Verhalten komplett verändern können, aber die man oft gar nicht kennt. Und das wird besonders klar, wenn man sich mal mit dem Thema der Replikationskrise der Psychologie befasst.
Denn die Replikationskrise (gibt es in der Psychologie, aber gibt es auch in anderen Fachbereichen), ist gewissermaßen eine methodische Krise. Diese Krise wurde dadurch bekannt, dass man Studien, auf die man vertraut hat, auf dessen Ergebnisse man vertraut hat, einfach nicht replizieren konnte.
Denn eine Studie ist nur dann gut, wenn sie halt immer wieder das gleiche Ergebnis liefert, wenn ich das erneut mache. Wenn die Studie jedes Mal ein anderes Ergebnis liefert, dann ist sie ja nichts Wert. Zum Beispiel, wenn ich mein Handy fallen lasse, fällt es mal auf dem Boden, mal fliegt es nach oben, mal nach links, nach rechts, und dann ist diese Studie nichts wert, dann ist sie nicht zuverlässig. Und in der Psychologie wird seit 2011 schon verstärkt über eine solche methodische Krise diskutiert, und damit treten unfassbar viele Zweifel auf, an der Zuverlässigkeit von veröffentlichten psychologischen Studien.
Und das Ganze wurde einer großen Beachtung ausgesetzt, weil die Studien vom Sozialpsychologen Daryl Bem, einfach dreimal in Replikationsversuchen, nicht repliziert werden konnten. Diese kritischen Berichte wurden von großen Magazinen wie Science und ein paar anderen erst einmal abgelehnt, weil man es nicht glauben wollte! „Wir haben diese Studie mal veröffentlicht, und die gilt. Und dass die jetzt nicht repliziert werden kann, das liegt wahrscheinlich eher am Vorgehen von Deryl Bem, weil er schlechte Arbeit geleistet hat.“ Und dann wurde das ganze Thema auf einmal größer.
Denn die Reproduzierbarkeit von Untersuchungsergebnissen durch andere Forscher ist einfach nun mal eine fundamentale Anforderung an wissenschaftliche Forschungsarbeiten. Und wenn das dann halt nicht funktioniert, dass man es nicht reproduzieren kann, hat man ein Problem.
Und gerade in der Psychologie ist das so, dass häufig positive Ergebnisse leicht verbreitet werden. Also dann freut man sich, dass es funktioniert hat. Und dann gibt es einen Haufen Vorträge von Psychologen, Tipps von Psychologen und Fachartikel über Verkaufs-Psychologie, denn das sind alles diese positiven Ergebnisse von gewissen Studien. Die prägen dann auch die Inhalte der meisten Fachzeitschriften, was ja kein Wunder ist, denn natürlich berichtet man gerne über neue, spannende Studien. Aber Versuche, diese dann zu reproduzieren, die bleiben oft unveröffentlicht.
Das Problem haben wir auch in Naturwissenschaften, aber in der Psychologie offensichtlich am stärksten. Und was sind jetzt die Ursachen für diese Probleme? Was sind die Ursachen für diese mangelnde wissenschaftliche Kontrolle in der Wissenschaft, in der Physik, Chemie oder Ähnliches? Da möchte man natürlich immer direkt replizieren. Da wird eine Studie veröffentlicht, und sofort fangen eine Menge Wissenschaftler weltweit an, um zu schauen, ob das klappt. Weil, die wollen diese Erkenntnisse auch nutzen. Und da ist es sehr einfach, etwas zu falsifizieren.
In der Psychologie möchte man halt insbesondere neue Befunde veröffentliche, was insbesondere auch von jungen Wissenschaftlern gerne gesehen wird. Und tatsächlich haben Magazine im Bereich der sozialen Wissenschaften einfach 95 Prozent der eingereichten Replikationsstudien abgelehnt. Und sogar 54 Prozent der Gutachter in solchen Magazinen mein, dass sie neue Studien einer Replikationsstudie vorziehen.
Und jetzt kann man sich natürlich fragen, ob gerade bei diesen Magazinen, auch eine gewisse Angst dazu kommt, dass viel nicht reproduzierbar ist und sie damit ihr ganzes Magazin infrage stellen. Warum würden sie sonst so viele der Manuskripte über Replikationsstudien ablehnen? Und da sieht man, da sind wir in so einem ganz großen Komplex auf einmal, dass man in der Psychologie aufgestellte Punkte vielleicht auch gar nicht versuchen will zu verifizieren.
Man glaubt da einfach dran, denn unsere ganze »Wissenschaft« könnte davon betroffen sein. Und das Ganze geht dann noch ein wenig weiter. Denn daran wurde in den letzten, mittlerweile zwölf Jahren eine ganze Menge nachgeforscht, und es wurden sich Gedanken gemacht. Beispielsweise gibt es da einen recht bekannten Sozialpsychologen Dietrik Stapel. Der hat mindestens 30 Publikationen mit komplett erfundenen Daten verfasst. Das hat man zwar nicht dadurch gefunden, dass man das ganze repliziert hat, sondern aufgrund von Hinweisen aus einem Arbeitskreis.
Außerdem bestehen neue Vorwürfe gegen zwei weitere Sozialpsychologen, Dirk Mester und Jens Förster. Die sollen mit Daten gearbeitet haben, die irgendwie nicht so ordentlich sind. Und Rückrufe von Studienergebnissen gab es in der Psychologie, fast in allen Sozialwissenschaften, fast nie, aber hat auf einmal deutlich zugenommen, wobei auch Betrug der Hauptgrund war. Und ja, das ist natürlich eine schwierige Sache, wenn der ganze Forschungszweig da mehr oder weniger infrage gestellt wird und dass es tatsächlich, an so vielen Punkten mangelt bei solchen Studien.
Denn, es werden nicht nur gute Studien veröffentlicht, sondern auch die guten Studien sind häufig mit viel zu kleinen Stichproben gemacht. Häufig sprechen wir hier von Untersuchungen mit nur 20 bis 30 Personen, was natürlich praktisch überhaupt keine Aussagekraft hat. Die Ergebnisse, die nur kleine Stichproben haben, können schnell ins Gegenteil verkehrt werden, wenn bereits vor der Berechnung ein Ausreißer berücksichtigt oder ausgeklammert wird. Dann hat man viel weniger Daten oder das Ganze geht in die falsche Richtung und man kann sich gewissermaßen seine Daten selbst machen.
Und insofern ist es gerade in der Psychologie ein extremes Problem. 18 Prozent der Studien haben dann auch statistische Mängel, und in 15 Prozent gibt es Fehler, die oft zugunsten der Hypothese ausfielen (dass man wirklich das herausbekommen hat, was man wollte). 15 Prozent! Das ist riesig! Also, das ist Wahnsinn. Unsere A/B-Tests, die wir machen, die haben viel mehr Daten. Die haben eine viel bessere statistische Basis, und da wird häufig bemängelt, dass die Daten ja nicht so wirklich aussagekräftig sind, weil man irgendwie nicht genug Conversions hat.
Aber all diese wissenschaftlichen Studien oder ganz viele der wissenschaftlichen Studien, gerade in der Psychologie, sind halt leider sehr schwierig zu beachten.
Und jetzt komme ich dazu, dass auch bei der Reproduzierbarkeit mal festgestellt wurde, dass in vielen Fällen auch winzige Dinge die Reproduzierbarkeit beeinflussen. Es gibt dieses ganz berühmte Experiment, dass, wenn Leute einen Bleistift in den Mund nehmen und damit automatisch etwas lächeln, dass dann ihre Stimmung besser wäre.
Und das ist ein ganz altes, bekanntes Experiment, und das wird natürlich ganz groß aufgeblasen. Das geht zurück auf eine Studie von Martin und Stepper im Jahr 1988. In dieser Studie haben sie eine Facial-Feedback Hypothese aufgestellt, die auf Charles Darwin zurückgehen soll und besagt, dass ein veränderter Gesichtsausdruck mit veränderten, subjektiv wahrgenommen Emotionen einhergeht.
Das heißt, die haben zwei Gruppen gemacht. Eine Gruppe hat einen Bleistift zwischen die Zähne bekommen, und die andere Gruppe wurde dazu aufgefordert, den Bleistift mit den Lippen festzuhalten. Und mit einem echten Lächeln, nutzt man zwei Muskeln, den „Zygomaticus Major“ für die Mundbewegung und den „Orbicularis Oculi“ für die Augen und Wangen Bewegung. Und das unterscheidet sich natürlich von einem simulierten, unechten Lächeln, bei welchem natürlich die Augen insbesondere häufig nicht bewegt werden. Das kennt man von vielen Stars, die einfach nur mit dem Mund lächeln, sieht dann immer etwas komisch aus.
So,