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Im „Kalten Krieg“ lautete das gängige Narrativ: „Die Russen sind die Bösen!“. Heute, 30 Jahre nach dem Zerfall der Sowjetunion, scheinen wir wieder mittendrin zu sein in einem neuen (hoffentlich nur „kalten“) Krieg. Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer sieht „Europa konkret und unmittelbar bedroht“. Der neue US-Präsident Biden nennt den russischen Präsidenten Putin gar „einen Mörder“. Die Lage im schwarzen Meer spannt sich an, der Einsatz von US-Kriegsschiffen steht im Raum, die NATO macht Manöver immer näher zu Russland und Putin bündelt Truppen an der ukrainischen Grenze. Der Bürgerkrieg in der Ostukraine, die Annexion der Krim und nicht zuletzt die Causa Nawalny haben alle Kritiker bestätigt, die in ihm einen Autokraten sehen, der nicht nur die Opposition und die Pressefreiheit unterdrückt. Die diplomatischen Beziehungen zu Moskau sind mehr als verkrampft, die erhoffte Entspannung in weiter Ferne. Doch warum haben es Diplomatie und Entspannung heute wieder so schwer? Für die neueste Episode der Turtlezone Tiny Talks blicken Dr. Michael Gebert und Oliver Schwartz rund 20 Jahre zurück, als Vladimir Putin -damals vom FSB-Direktor zum Staatspräsidenten aufgestiegen- vor dem Deutschen Bundestag eine vielbeachtete und kluge Rede auf Deutsch gehalten und die Hand gereicht hat. „Die Mauer ist zerstört, der kalte Krieg ist endgültig vorbei!“, war seine Botschaft. Damals lag die Wiedervereinigung 10 Jahre zurück, ebenso der Zerfall der Sowjetunion und in Russland waren die Wild-West-Jahre der Oligarchen vermeintlich überwunden. Und New York war in Schock wegen 9/11. Doch warum wurde nichts aus einer dauerhaften Entspannung? Warum wurde die Chance vertan, mit Russland im Schulterschluss gegen den Terrorismus zu kämpfen? Und welche Strategie steckt hinter der seit Jahren zu beobachtenden verbalen Aufrüstung von NATO-Generalsekretär Stoltenberg oder den Atlantikern? Unter Historikern und Politikwissenschaftlern, fern des Verdachts „Trolle aus Moskau“ zu sein, sind das interessante Fragen. Und auch damals verantwortliche Politiker erinnern sich parteiübergreifend an einen russischen Präsidenten, der noch nicht in der Rolle des Bösen verortet war, der von der Überwindung des Stalinismus und dem Beginn der Demokratie in Russland sprach und noch keine Anstalten machte, sich als ewiger „Zar“ zu verankern. 20 Jahre, in denen die Welt komplizierter geworden ist und Diplomatie und Entspannung auf der Strecke geblieben sind. Und 20 spannende Debatten-Minuten. Reinhören!