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In diesem und in den folgenden Kapiteln wird es um die Prädikatenlogik gehen. Schon das Wort ist deutlich einschüchternder als »Aussagenlogik« es war, die Anzahl der griechischen Silben ist beängstigend angestiegen. Hier deshalb ein Vorschlag für eine freundlichere Bezeichnung dieser Logik: Seifenoperlogik.

Bei der Prädikatenlogik geht es fast ausschließlich um die Frage, wer etwas mit wem hat, sich von wem getrennt hat, sich mit wem wieder vertragen hat, wer wen betrogen hat und wer böse ist, wer süß ist und wer hoffentlich nächste Folge nicht mehr dabei sein wird. Kurz, in der Prädikatenlogik geht es um Beziehungen. Beispielsweise können zwei Leute eine Beziehung haben, oder eben auch nicht. (In Wirklichkeit gibt es natürlich unendlich viele Zwischenstufen, aber die Wirklichkeit ignorieren wir wie üblich.) Es gibt auch verschiedene Arten von Beziehungen, so könnten zwei Leute in der Beziehung »wohnen zusammen« stehen, aber nicht in der Beziehung »lieben einander«. Bei manchen Beziehungen ist auch die »Richtung« wichtig: »Frau Müller-Lüdenscheid liebt Herrn Graf von Bruckelberger« ist etwas anderes als »Herr Graf von Bruckelberger liebt Frau Müller-Lüdenscheid«. Alle solche Beziehungen, bei denen zwei Personen beteiligt sind, werden wir etwas vornehmer zweistellig nennen. Im Rahmen einer Ménage à trois können auch drei Personen eine Beziehung unterhalten - oder eben auch nicht. Man spricht dann, wenig verwunderlich, von einer dreistelligen Beziehung. Wie im wirklichen Leben auch sind dreistellige Beziehungen allerdings seltener als zweistellige.

Wenn es zweistellige, dreistellige und natürlich auch vier- und fünfstellige Beziehungen gibt, dann erscheint es nur folgerichtig, dass es auch »einstellige Beziehungen« geben sollte. Statt auf ein Paar von Leuten trifft eine solche Beziehung nur auf eine einzelne Person zu - oder eben auch nicht. Hier von einer Beziehung zu sprechen ist allerdings reichlich unnatürlich, weshalb wir treffender das schöne Wort Prädikat benutzen werden. Beispiele von Prädikaten, die auf Leute zutreffen sind »ist gemein« oder »mag Fische« oder »hat schwarze Haare«.

In der Seifenoperlogik geht es nun darum, komplexe Beziehungsgeflechte syntaktisch aufzuschreiben und dann semantisch auf ihre Korrektheit zu überprüfen. Um die Semantik wird es in späteren Kapiteln gehen, wir kümmern uns in diesem Kapitel zunächst um die Syntax.

Wie sollte man den Umstand »x hat was mit y und y hat was mit z« aufschreiben? Um so etwas schön knapp hinzuschreiben, werden wir »hat was mit« abkürzen durch, beispielsweise, ein »H«. Wer hier etwas mit wem hat schreibt man in Klammern hinter den Buchstaben, also »H(x,y) und H(y,z)«. Wie man das Wörtchen »und« los wird wissen Sie natürlich schon, so dass wir »H(x,y) \land H(y,z)« als prädikatenlogische Formel erhalten. Nachteilig ist allerdings anzumerken, dass in der Formulierung H(x,y) \land H(y,z) das große Drama etwas abhanden gekommen ist, das »x hat was mit y und y hat was mit z« noch innewohnte und Stoff für mehrere Seifenopernfolgen geboten hätte.