In der Einleitung zum vorherigen Kapitel wurde bereits ebenso scharfsinnig wie überzeugend argumentiert, dass die Prädikatenlogik besser Seifenoperlogik heißen sollte. Die Syntax der Prädikatenlogik ist eigentlich nur eine Methode, Umstände wie »x hat was mit y und y hat was mit z« knapper aufzuschreiben als »H(x,y) \land H(y,z)«.
Was bedeutet nun aber H(x,y) \land H(y,z)? Sprich: was ist die Semantik einer solchen Formel? Man könnte ganz einfach antworten: »Na, das bedeutet natürlich, dass x was mit y hat und y was mit z hat.« Jedoch ist das noch nicht wirklich hilfreich, denn wer ist denn dieser Mr. x? Und wer ist y? Und was bedeutet eigentlich »hat was mit«? Im Rahmen von Sex and the City bedeutet das sicherlich etwas anderes als im Rahmen der Teletubbies. Die Sachlage ist also komplizierter als bei der Aussagenlogik, wo man für jede Variable einfach festlegen musste, ob sie wahr oder falsch war, und schon hatte man eine Welt.
In der Seifenoperlogik legt eine Welt alles fest, was nötig ist, um einer Formel wie H(x,y) \land H(y,z) einen Sinn einzuhauchen. Ausgangspunkt ist der Cast der Seifenoper, also die Personen, die alle mitspielen. Diese sind diejenigen, die als Mr. x oder Mrs. y in Frage kommen. Großspurig wird diese Menge an Personen in der Logik Universum genannt, der Begriff ist wohl etwas überdimensioniert geraten -- aber wie so oft kann man ihn nicht mehr ändern. Als nächstes muss man festlegen, wer in einer Welt hinter den Variablen steckt, beispielsweise könnte Mr. X gerade John Preston sein, Mrs. Y gerade Carrie Bradshaw. Da es sich fürchterlich unwissenschaftlich anhören würde, spräche man immer von »der Filmfigur, die hinter Mr. x steckt«, benutzt man in der Logik lieber »das Element alpha(x) des Universum, das die Variablenbelegung alpha der Variable x zuordnet« -- gemeint ist aber dasselbe. Schließlich muss man noch festlegen, was genau mit einer Formulierung wie »hat etwas mit« beziehungsweise mit »H« gemeint ist.
Durch diese ganzen Festlegungen entsteht am Ende die »Welt« Sex and the City. Die »Welt« der Teletubbies hingegen hat andere Charaktere, eine andere Bedeutung der Variablen, andere Beziehungen zwischen den Charakteren; jedoch kann man sich trotzdem genauso fragen, ob die Formel H(x,y) \land H(y,z) in der Teletubbies-Welt gilt.
In diesem Kapitel wird es hautsächlich darum gehen, den Sprung von den doch recht anschaulichen (im wahrsten Sinne des Wortes) Seifenopern zu ihren mathematischen Formalisierungen zu schaffen. Wie immer ist dies nicht ganz leicht, aber wie immer macht auch hier Übung den Meister.