Infrastrukturen sind die Bedingung für fast alles, was wir in der Gesellschaft tun. Ihre Bedeutung und ihren Wandel zu verstehen, heißt daher auch den Wandel der Gesellschaft zu begreifen. Dies ist der Anspruch unseres Gastes Eva Barlösius.
Zentral dabei ist für Barlösius, unsere geschichtlichen Erfahrungen und bisherigen Konzepte nicht unreflektiert in die Zukunft zu projizieren. Daher greife auch die Standarderzählung vom neoliberalen Niedergang der Infrastrukturen zu kurz. Sie sei zwar nicht falsch, sie bleibe aber noch im Bann einer spezifischen historischen Phase der wohlfahrtsstaatlichen Infrastrukturpolitik. Eine Politik, die mit der Durchdringung des nationalen Territoriums und einer strengen Normierung und Reglementierung einher gegangen sei.
In mehreren Fallstudien erkundet sie höchst unterschiedliche Aspekte des Infrastrukturwandels: vom Dorf, aus dem sich private Geschäfte und der Staat mehr und mehr zurückziehen, bis zur Universität, in der Forschungsdaten der einen Wissenschaftler*innen zu den Infrastrukturen der anderen werden - und die Forschung selbst zur Infrastruktur der Politik, Wirtschaft und Verwaltung.
Die Zukunft der Infrastruktur kann für Barlösius weder in der großflächigen Monopolisierung durch private Unternehmen noch in der Standardisierung einer rein staatlichen Infrastrukturpolitik liegen. Mitgliedschaft und Mitwirkung wird in verschiedenen Dimensionen der Infrastruktur wichtiger werden. Welche Institutionen die Träger werden, ist eine ungeklärte Frage. Aber eine, über die eine politische Debatte dringend nötig ist.